BUND Kreisgruppe Maerkischer Kreis

Geht es in Schalksmühle jetzt beim Klimaschutz mit Riesenschritten voran?

Ein Gespräch mit Hadi Fleger, Klimaschutzbeauftragter

Hadi Fleger, Klimaschutzmanager Hadi Fleger ist seit September 2021 Klimaschutzbeauftragter in Schalksmühle

[Sigrid Pomaska, 23.3.23] Am 17. März besuchte ich unseren Klimaschutzmanager Hadi Fleger in seinem Büro im Schalksmühler Rathaus. Das Gespräch drehte sich unter anderem um den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Schalksmühle.


Sigrid Pomaska: Wie ist die Aktion „Balkonkraftwerke für Schalksmühle“ gelaufen? BürgerInnen konnten 100 Euro Direktförderung erhalten, wenn sie eine sogenannte „Stecker-Anlage“ installiert haben.

Hadi Fleger: Die Aktion ist ja inzwischen abgeschlossen und ist gut angekommen. 70 Anträge wurden gestellt. Da im Fördertopf 14.000 EUR sind, haben wir 7.000 EUR übrig. Das wollen wir in Photovoltaik auf dem Rathausdach oder in das Wärmekonzept der Primusschule investieren.

S.P.: Kann die Aktion nicht verlängert werden, bis das Geld aufgebraucht ist?

H.F.: Nein, die Finanzierung erfolgt aus noch vorhandenen Mitteln der „Billigkeitsleistung Phase 1“ und nur für dieses Zeitfenster. Damit der Restbetrag nicht verfällt, nutzen wir es für eine eigene PV-Anlage auf dem Dach des Rathauses oder für das Wärmekonzept der Primusschule.

S.P.: Vor ein paar Tagen ist ja die „Konzeptstudie Klimaneutralität in Schalksmühle“ öffentlich gemacht worden. Wow, da geht es richtig zur Sache: Wenn wir so weitermachen wie bisher, haben wir unser Restbudget von 460.000 Tonnen CO2 bis Ende 2025 aufgebraucht. Das ist ja praktisch „übermorgen“. Wie können wir so schnell von Kohle, Öl und Gas wegkommen?

H.F: Ja, wir müssen Tempo machen. Die LBD-Beratungsgesellschaft aus Berlin hat uns einen Plan zum Ausstieg aus den Fossilen Energien ausgearbeitet. Als Partner für die Umsetzung haben wir die Stadtwerke Lüdenscheid gewonnen.

S.P.: In der Studie werden verschiedene Handlungsfelder genannt, die als unterschiedlich dringend bewertet werden.

H.F.: In der Studie steht ein Beispiel, ein Mix aus allen Maßnahmen, und wir sehen, dass die meiste Einsparung an CO2 durch den Umstieg auf Elektrofahrzeuge bei PKW erreicht werden kann. Das können wir unter anderem durch den Ausbau von Ladestationen fördern. Genauso wichtig ist aber die Erzeugung von Wind- und Sonnenenergie. Denn nicht nur der bisherige Stromverbrauch in Haushalten und Gewerbe muss auf Grünen Strom umgestellt werden, sondern auch die Heizungen, die jetzt noch mit Öl und Gas laufen.

S.P.: Dann werden wir sicherlich ganz schnell Windräder und Photovoltaik in Schalksmühle ausbauen?

H.F.: Laut Plan brauchen wir noch 2 Windkraft-Anlagen mit 7 MW zusätzlich zu den bestehenden und geplanten. Dafür muss jetzt ein Standort gefunden werden. Der Rest an Strombedarf soll durch Sonnenenergie geliefert werden. Der Plan lautet: Solarzellen auf jedem Dach und dazu auf Freiflächen.

S.P.: Wenn wir alle unsere Heizungen auf Strom umstellen müssen, – das heißt ja Wärmepumpen oder Nachtspeicherheizungen – brauchen wir unbedingt billigen Strom. Bei den jetzigen Strompreisen ist das nicht bezahlbar für die BürgerInnen. Wird der Strom durch die Erneuerbaren günstiger werden? Sonne und Wind schicken ja keine Rechnung, wie man so schön sagt.

H.F.: Die Strompreise werden vom Stromanbieter kalkuliert, in unserem Fall also von den Lüdenscheider Stadtwerken. Der Investor ist ENERVIE, der wird dann wohl je nach Marktlage seine Preise gestalten. Als Gemeinde haben wir da keinen direkten Einfluss drauf.

S.P.: Das hört sich nicht gut an. Ein Konzern wird ja nicht in erster Linie an uns denken, sondern an seine Gewinne. Warum investiert die Kommune nicht selbst in den Ausbau von Erneuerbaren Energien? Die Öffentliche Hand muss ja keine Gewinne machen und könnte die Bürger dann mit günstigem Strom beliefern. Man hört immer öfter von Kommunen, die sowohl ihr Stromnetz als auch die Stromerzeugung in die eigene Hand nehmen und sich dadurch langfristig eine sichere Einnahmequelle sichern und für Neubürgeranwerbung und Gewerbeansiedlung die allerbesten Karten haben. Wird das in Schalksmühle diskutiert?

H.F.: Soweit ich weiß, bis jetzt noch nicht. Das Thema ist aber interessant und dadurch wird das Wohnen in der Gemeinde Schalksmühle attraktiver gemacht. Allerdings ist das Thema sehr komplex.


Wir haben noch zwei Stunden geredet, an Themen fehlt es ja nicht. Wird Schalksmühle es schaffen, den Turbo einzuschalten? Wird dabei aber auch der notwendige Umweltschutz berücksichtigt? Wird z.B. bei Freiflächenphotovoltaik darauf geachtet, dass keine wertvollen Ackerflächen verloren gehen (Stichwort: „Bodenwert“)? Wird beim Ausbau der Windkraft der Wald geschont und an Artenschutz gedacht?

Konzeptstudie Klimaneutralität Schalksmühle

Die „Konzeptstudie Klimaneutralität Schalksmühle" kann auf der Seite der Gemeinde heruntergeladen werden:

www.schalksmuehle.de/fileadmin/user_upload/Zielbild_klimaneutrales_Schalksmuehle_LBD.pdf

So soll Schalksmühle bis 2045 klimaneutral werden:

Titelseite der Konzeptstudie Klimaneutralität in Schalksmühle

Die Konzeptstudie „Zielbild Klimaneutralität für Schalksmühle“ wurde Ende 2022 fertiggestellt. Nun ist die Politik gefragt. Damit es nicht bei einer „Zielvorstellung“ bleibt,  müssen weitreichende Entscheidungen gefällt werden – und das in kürzester Zeit. Denn die Daten, die in der Studie vorgelegt werden, sind dramatisch – ein Weckruf für uns alle!


Zum Schutz der Lebensgrundlagen, besonders der künftigen Generationen, darf die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad gehen.


Unser CO2-Restbudget ist in Kürze verbraucht, wenn wir nicht sofort mit nennenswerten Einsparungen beginnen.


Der Sektor mit dem meisten CO2-Ausstoß ist der Verkehr (51.000 t), dann die Wirtschaft (Industrie und alle Gewerbe) mit 39.000 t, dann die Haushalte (18.000 t). Die kommunalen Einrichtungen sind mit nur 1.000 t dabei. Ein durchschnittlicher Einwohner emittiert 10,1 t pro Jahr.


Das postulierte Ziel bis 2045 ist u.a.:

  • 100% der PKW fahren elektrisch
  • auf 75% der Dächer ist Photovoltaik installiert
  • 90% der Wohnungen heizen mit Strom
  • 70% des Stroms kommt von Wind und Sonne
  • 10% der Häuser werden optimal gedämmt

In dieser entscheidenden Phase des gesellschaftlichen Umbaus öffnen sich viele Gelegenheitsfenster, die es sonst nicht gibt …

Sorgen wir gemeinsam dafür, dass diese auch sinnvoll genutzt werden, damit wir in naher Zukunft eine klimafreundliche und günstige Energieversorgung haben!